Zweifellos ist das bayerische Volk durch und durch rechtschaffen. Trotzdem galt Obrigkeitsdenken noch nie als weißblaue Tugend: Selbst schillernden Räubergestalten gedenkt man hierzulande mit dem Respekt bekundenden Ausspruch ›A Hund war er scho!‹.  

Dazu allerdings mußten die betreffenden Herrschaften aus besonderem Holz geschnitzt sein – wie etwa Mathias Kneißl, der im Dachauer Moos zu Hause war, sein legendäres Vorbild Matthäus Klostermair, der berühmt-berüchtigte  ›Bayerische Hiasl‹, oder Michael Heigl, der gefürchtete ›Räuber vom Kaitersberg‹ im bayerisch-böhmischen Grenzland. Wo sich Gesetzlosigkeit mit Vorwitz und Rebellentum verbündete oder im Habitus eines Robin Hood daherkam, erschien vieles in verklärtem Licht. Die aufbegehrenden Rechtsbrecher wurden zum Mythos.  

Mit der historischen Realität hat die bayerische Räuberromantik, die bis heute fröhliche Urständ’ feiert, allerdings wenig gemein. Kneißl & Co. waren keine Helden, sondern Gestrandete – Vertreter einer Bevölkerungsschicht, die wenig Rechte hatte und noch weniger Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben. Auf den Spuren der Räuber unterwegs zu sein, heißt Sozialgeschichte von unten zu betreiben. Und es zeigt sich: Die tatsächlichen Ereignisse von damals wirken jenseits aller Mystifikation bis in unsere Tage fort. Mit ihren ›Karrieren‹ beschäftigen sich noch heute Politologen, Psychologen, Rechtshistoriker  – und pfiffige Volksmusikanten.

            

Buch: Klaus Reichold
Regie: Thomas Endl
Kamera: Michael Stier
Schnitt: Barbara Welzig
Kameraassistenz: Stephan Schmidt
 

Erstsendung am 20.11.2003
in der Reihe Spurensuche in Bayern
im Bayerischen Fernsehen
Länge: 45 Minuten


(Es gibt bei diesem Thema auch einen persönlichen Hintergrund:

Der Sulzemooser Pfarrer Johann Baptist Endl (1847-1896), der den späteren Räuber Matthias Kneißl 1891 zum ersten Mal einsperren ließ , ist ein Urgroßonkel von Thomas Endl. Bartholomäus Endl, der Großvater von Thomas Endl, besuchte gemeinsam mit Matthias Kneißl die Sonntagsschule in Sulzemoos.)

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