Veranstaltungereihe mit Klaus Reichold
Dass Mozart in der Münchner Hofkapelle keine Aufnahme fand, schmerzt die weiß-blaue Kulturwelt noch immer. Trotzdem muss sich Bayern in Sachen Musik und Theater nicht verstecken: Orlando di Lasso galt als „Karajan des 16. Jahrhunderts“. Wilhelmine von Bayreuth zählte zur seltenen Spezies komponierender und Regie führender Frauen. Emanuel Schikaneder machte als Papageno Furore. Joseph Gallmayr baute spektakuläre Musikautomaten. Und der Müllner Peter aus Sachrang hinterließ einen Notenschatz, der ihn als musikalischen Tausendsassa ausweist.
Er übernahm die elterliche Mühle, heiratete eine für damalige Verhältnisse furchterregend selbstbewusste Frau (sie trug Stiefel mit Sporen!) und richtete unter dem Dach seines Hofes eine Apotheke für die Landbevölkerung ein. Doch damit war der Müllner Peter nicht ausgelastet: In Sachrang wird er bis heute als „Universalgenie“ verehrt. Er hinterließ unter anderem zwei Zentner Noten, die in der Bayerischen Staatsbibliothek aufbewahrt werden, und wurde zur Hauptfigur eines Heimatepos, das dem Bayerischen Rundfunk 1978 einen Zuschauerrekord bescherte.
Der Lehnstuhl, den er für den bayerischen Kurfürsten konstruierte, ließ beim Draufsetzen „ein Stückgen hören, als wenn drey Flauto-Travers bliesen“. Sein Automatenmops bellte „wie ein lebender Hund“ und konnte sogar Wasser lassen. Der niederbayerische Tüftler Joseph Gallmayr ersann klingende Schuhe, orgelschlagende Wachspuppen und einen mechanischen Tabernakel für den Erzbischof von Köln. Sein Wunsch, mit einem Flugapparat vom Turm der Münchner Frauenkirche abzuheben, blieb ihm versagt. Der Kurfürst meinte, da solle er erst einmal hinauffliegen.
Er war ein Tausendsassa. „Erste Liebhaber“ spielte er und alternde Stutzer, Vogelmenschen und Luftgeister, ehrliche Bürger und „ausg’schamte Elementer“. Die 61 Jahre seines Lebens sahen ihn in mehreren hundert Hauptrollen. Und nicht selten trat er innerhalb einer Woche in sieben unterschiedlichen Produktionen auf. Der Theaterprinzipal Emanuel Schikaneder stammte aus Straubing, war in seiner Jugend Mitglied der heute so genannten „Regensburger Domspatzen“ und inszenierte ein pompöses Begleitprogramm für einen Ballonaufstieg in Augsburg.
Er hatte schon als päpstlicher Kapellmeister in Rom gedient, als er mit 25 Jahren nach München kam und die Isarmetropole zu einer Weltstadt der Musik machte: Orlando di Lasso, ab 1558 mit einem herzoglich bayerischen „Frawenzimmer“ verheiratet, galt dank seines Talents als „Fürst der Musik“, gefiel sich in der Rolle des Gauklers und Hofnarren und schrieb sich die Finger wund – darunter anzügliche Chansons, die zu Gassenhauern wurden. Seine üppigen Tantiemen verhalfen ihm zu einem riesigen Immobilienbesitz.
Sie bezauberte die Hofgesellschaft bereits als Sechsjährige mit ihrem Cembalospiel, besaß eine Laute, die sie „Prinz Dickbauch“ nannte, und wurde mit 39 Jahren Intendantin ihres eigenen Opernhauses. Die Lieblingsschwester Friedrichs des Großen komponierte, malte und machte sich als Librettistin einen Namen. Mit Unterstützung ihres nuschelnden Gatten verwandelte sie ihre verschlafene oberfränkische Residenzstadt in ein theatertrunkenes Arkadien. Wilhelmine von Bayreuth gilt als eine der bedeutendsten Frauengestalten des 18. Jahrhunderts.