Heulende Sirenen, dröhnende Flugzeugmotoren, gewaltige Detonationen – ab dem 5. Juni 1940, an dem fünf französische Piloten zwischen 1.29 und 2.30 Uhr nachts 13 Spreng- und 20 Brandbomben über München abwarfen, lebte die „Hauptstadt der Bewegung“ in ständiger Angst. Zu den furchtbarsten Heimsuchungen zählte der britische Großangriff in der Nacht vom 24./25. April 1944. Er löste mehr als 7.000 Brände aus, machte rund 70.000 Münchner obdachlos und legte – neben der Residenz – einen Großteil der historischen Altstadt in Schutt und Asche.
Schon im Juni war die Hauptsynagoge als „Verkehrshindernis“ abgebrochen worden. Fünf Monate später, am Abend des 9. November 1938, gab „Reichspropagandaminister“ Joseph Goebbels bei einer Rede im Alten Rathaus den Startschuss zum Terror der „Reichskristallnacht“, der den Untergang des bisherigen jüdischen Lebens in München besiegelte. Jetzt ging auch die orthodoxe Synagoge in der Herzog-Rudolf-Straße in Flammen auf. Gleichzeitig wurde mit dem Kaufhaus Uhlfelder der wohl beliebteste Warentempel der Stadt zur Zielscheibe des braunen Mobs.
Er hielt Adolf Hitler für einen Mann, der „im Glauben an Gott“ lebe, schickte ihm nach dem missglückten Attentat von Georg Elser ein Glückwunschtelegramm und äußerte die Überzeugung, „daß die Juden sich selber helfen können“. Trotzdem war er den braunen Machthabern nicht grün. „Cardinal Faulhaber hat wieder mal eine freche Rede gegen uns gehalten“, notierte Goebbels. Seit 2013 nehmen Wissenschaftler im Rahmen eines Forschungsprojekts die Tagebücher des langjährigen Münchner Erzbischofs unter die Lupe, um seine widersprüchliche Haltung während der NS-Zeit zu ergründen.
Anfang der 1920-er Jahre war München die viertgrößte Stadt im Deutschen Reich, eine lebendige Kunstmetropole – und voller Gegensätze: Frauenrechtlerinnen wie Ellen Ammann oder Anita Augspurg beantragten beim bayerischen Innenminister die Ausweisung eines Österreichers namens Adolf Hitler wegen Volksverhetzung. Das Verlegerehepaar Bruckmann dagegen empfing den verurteilten Putschisten in der Privatwohnung und führte ihn in einflussreiche Kreise ein. Die Isarmetropole wurde endgültig zur „Stadt des Hakenkreuzes“.
Wir suchen ein braunes und ein schwarzes Haus, sehen den Benimmkurs einer byzantinischen Prinzessin scheitern und wundern uns über einen „Beitrag zur Psychologie der Frau“ mit dem Titel „Das Weib und seine Bestimmung“. Außerdem beobachten wir, wie der spätere Reichsluftfahrtminister mit einem Steckschuss im Bein von der Familie eines jüdischen Möbelfabrikanten notversorgt wird. Das im Baedeker erwähnte Parteimuseum der NSDAP ist geschlossen. Dafür erfreut sich das Hotel, in dem Hitler mit seinen Berliner Gönnern dinierte, bis heute regen Zuspruchs.
Ein Kuppelbau mit einer Höhe von 136 Metern als Ersatz für den alten Hauptbahnhof, eine Führer-Residenz in Steinhausen mit einer Grundfläche, die 18 Fußballfeldern entsprechen sollte, ein gigantisches „HJ-Forum“ zwischen Neubiberg und Fasangarten als „Eingangsportal“ einer neuen „Südstadt“ – Adolf Hitler wollte in München „fortsetzen“, was König Ludwig I. nur „angebahnt“ hatte. Schon die wenigen realisierten Projekte dienten den Nationalsozialisten als Kulisse für ihre ideologisch aufgeladenen Masseninszenierungen.
Wir hören vom Sohn eines Eisenbahnunternehmers, der seine Münchner Villa verliert, wandeln über Böden aus Saalburger Marmor und fühlen uns unwillkürlich an Charlie Chaplin erinnert. Außerdem erfahren wir, wo das Archäologische Institut zuhause war und streicheln „Zwei Katzen in Blau und Gelb“. Nach einer kurzen Verschnaufpause mit Blick auf die Karibik rasselt der „Wagen der Meistersinger“ an uns vorbei. Wenige Meter weiter verschlägt es uns angesichts der geheimen Aktivitäten des Luftgaukommandos VII die Sprache.
Das Attentat von Georg Elser, die todesmutigen Flugblattaktionen der Weißen Rose, die regimekritischen Predigten des Jesuiten Rupert Mayer – die Isarmetropole war vermutlich nicht die „Hauptstadt der Gegenbewegung“. Die „Unruhe des Gewissens“ machte sich aber auch in München bemerkbar: Alfred Delp, der Kirchenrektor von St. Georg in Bogenhausen, wurde wegen seiner Mitgliedschaft im Kreisauer Kreis hingerichtet. Und in den letzten Kriegstagen rief die „Freiheitsaktion Bayern“ dazu auf, die „Blutherrschaft“ der NS-Führung „auszurotten“.
Wir suchen die Stelle, an der eine junge Studentin von einem pflichtversessenen Pedell aufgegriffen wurde, lauschen dem „Olympischen Reigen“ eines Kraftbayern, der sich unter großen Mühen durch die NS-Zeit mogelte, und gedenken im Schmuckhof einer früheren Regierungszentrale der Opfer eines Exekutionskommandos. In den Kellern einer verschwundenen Königsresidenz verhallen die Schreie von Gefolterten. Am Schluss fragen wir uns, wo die Asche eines gewissen „George Munger“ geblieben ist, der mit Sicherheit kein Angehöriger der US-Armee war.
Im Abschluss unserer Reihe „München im Nationalsozialismus“ gibt es am Samstagnachmittag die exklusive Möglichkeit, den Gedenkraum für die im Gefängnis Stadelheim ermordeten Mitglieder der „Weißen Rose“ zu besichtigen und anschließend ihre Gräber auf dem Friedhof am Perlacher Forst zu besuchen. Die Teilnehmerzahl ist auf 20 Personen beschränkt. Wenn Sie mitgehen wollen, brauchen wir Ihre verbindliche Anmeldung bis spätestens Freitagmittag, 12 Uhr, da wir Ihre Namen aus Sicherheitsgründen bei der Pforte der JVA Stadelheim melden müssen. Außerdem bitten wir Sie, Ihren Personalausweis mitzunehmen, damit die Pforte einen Datenabgleich vornehmen kann.