Reihe mit 10 Vorträgen und 10 Stadtführungen,
die Ihnen einen systematischen Einblick in Geschichte und Kultur Münchens bietet.
Uralte Fernhandelswege, eine Furt durch den Fluss, ein geheimnisvoller Burgstall auf dem Areal der heutigen Residenz – München entstand nicht aus dem Nichts. Bei der Gründung ging es vermutlich um Macht: „Mit grimmigen Blicken und schrecklichem Wort / Erhob er das Schwert und befahl / Zu brechen und niederzubrennen sofort / Die Brücke mit Pfeiler und Pfahl“ (Hermann Lingg). Ob die Stadtgeschichte wirklich mit einem Gewaltstreich des Herzogs von Bayern begann, ist umstritten: Auch sein Gegenspieler, der Bischof von Freising, galt als Schlitzohr.
Färber, Schäffler und Windenmacher übten in der Stadt ihr Gewerbe aus. Vor dem Isartor stauten sich die Salzfuhrwerke. Und die Flößer versorgten München mit Welsch-Wein, venezianischer Seide und Gewürzen aus dem Orient. Den „Kleinkram für den Haushalt“ (Fridolin Solleder), darunter Bettbezüge und Türschlösser, bekam man bei Heinrich Lerer am heutigen Marienplatz.
Innerhalb weniger Jahrzehnte wuchs München „in immensum“. Die Stadt sprengte den ersten Mauerring, beherbergte die Reichskleinodien und feierte sich mit einem neuen Tanzhaus selbst.
1349 wütete die Pest. 1442 wurden die Juden vertrieben. Und schon seit 1255 spaltete ein Familienzwist der Wittelsbacher das Land. In München waren die Steuern so hoch wie nie. Feinde belagerten die Stadt „brachen alles verderblich nieder und nahmen die … Isarbrücken mit Gewalt“.
Dafür wurde München mit dem Ende des Landshuter Erbfolgekrieges alleinige Hauptstadt Bayerns – und eine Kulturmetropole von Weltrang: Mit seinem Repräsentationsbedürfnis legte Herzog Albrecht V. den Grundstock für die heutige touristische Bedeutung Münchens.
Luthers Thesen fanden auch an der Isar Anklang: Bäckersknechte, Messerschmiede und Patrizier liebäugelten mit der „neuen Lehr“, sogar Brüder des Franziskanerklosters. Der Jesuit Petrus Canisius schäumte, München sei „eine von Ketzern verdorbene Stadt“. Selbst Herzog Albrecht V. soll wankelmütig geworden sein.
Sein Sohn jedoch räumte mit den „Evangelischen“ entschieden auf. Er ließ 34 Bürgerhäuser abreißen, um auf dem Areal einen „bayerischen Escorial“ zu errichten. Unter dem Schutz des Gottesstreiters Michael wurde München zum „deutschen Rom“.
In der Nacht zum 25. Juli 1607 fuhr der Blitz in die nördliche Spitze des Alten Peter. Der „mechtige Dornstreich“ galt als Vorbote großen Unheils. Außerdem trieben Hexen und Zauberer vermehrt ihr Unwesen.
Es braute sich etwas zusammen.
Dann passierte es: Die gefürchteten Schweden standen vor der Stadt. Und der im Bau befindliche Festungsgürtel war noch nicht geschlossen. Die Heimsuchungen jener Tage erreichten apokalyptische Ausmaße. Nach ihrem Ende war die Welt eine andere. München wurde barock – und zur „nördlichsten Stadt Italiens“.
Kirchen, Schlösser und Palais wuchsen aus dem Boden. Türkische Kriegsgefangene hoben Kanäle aus, auf denen venezianische Gondeln schaukelten. Kaffeesieder und „Sesselträger“ sorgten für den täglichen Luxus. München wähnte sich am Zenit, sah sich schon als dynastisches Zentrum eines Reiches, in dem die Sonne nicht untergeht.
Der zweimalige Einfall der Österreicher und die „Sendlinger Mordweihnacht“ konnten die Prachtentfaltung kaum aufhalten. Selbst Mozart wollte ein Münchner werden. Dummerweise aber war im Hoforchester „keine vacatur da“.
Ein Theater, das an das Pantheon in Rom erinnert, ein Gotteshaus, zu dessen Vorbildern die Palastkapelle in Palermo zählt, ein Torbau, der auch die Akropolis in Athen zieren könnte – dazu muss man als Münchner gar nicht in die Ferne schweifen. Die Sehenswürdigkeiten sind allesamt mit der Trambahn erreichbar.
Sie erinnern daran, dass die Residenzstadt der bayerischen Könige im 19. Jahrhundert die größte Baustelle Europas war – und eine „Boomtown“ ersten Ranges: Die Einwohnerzahl stieg um das Zwölffache und beschwor katastrophale Zustände herauf.
Um 1900 zählte München zu den liberalsten Metropolen Europas. Der Prinzregent galt als kunstsinniger alter Herr, der höchstens bei der alljährlichen Fronleichnamsprozession wahrgenommen wurde – „mit der Kerz‘n in de Händ / de scho nimma brennt“. Das eigentliche Regiment lag in den Händen des weltoffenen Bürgermeisters Wilhelm von Borscht.
Und das Repräsentieren übernahmen die Malerfürsten. Bedeutende Köpfe der Moderne blieben an der Isar hängen – außerdem ein 30-jähriger Exilant, der sich in München einen neuen Tarnnamen zulegte: Lenin.
Das Verleger-Ehepaar Bruckmann und der Kunstsalon-Erbe „Putzi“ Hanfstaengl zählten zu den Spitzen der Münchner Gesellschaft – und sie machten Adolf Hitler groß, der als arbeitsloser Postkartenmaler an die Isar gekommen war. München verlor seine Unschuld.
Das Palais Barlow an der Brienner Straße wurde zur Parteizentrale der NSDAP. Nordwestlich der Stadt entstand das erste KZ. Und im Saal des Alten Rathauses entfachte Joseph Goebbels den Furor der „Reichskristallnacht“. Die Folgen waren fürchterlich: Ab 1940 sank das alte München in Schutt und Asche.
Blanke Not und keine Kohlen – und entlang der notdürftig freigeräumten Straßen fünf Millionen Kubikmeter Schutt: Selbst der Theologie-Student Joseph Ratzinger musste beim „Rama dama“ mit anpacken. Der nahezu mustergültige Wiederaufbau, die wachsende Wirtschaftskraft und der Modernisierungsschub durch die Olympiade von 1972 beförderten das selbstverliebte Bild von der „heimlichen Hauptstadt“ Deutschlands.
Inzwischen werden die Karten neu gemischt. Auf jeden Fall bleibt München die Hauptstadt der Singles, der Fluss-Surfer und der dicken Autos.
Zu jedem Vortrag bieten wir Ihnen eine
ergänzende Stadtführung
zu Originalschauplätzen, durch Kirchen und Museen an:
Wir hören die Isar rauschen, imaginieren uns den Standort der Brücke Heinrichs des Löwen und folgen den letzten 1 000 Metern der früheren Salzstraße. Ausgehend vom „Unteren Tor“ suchen wir nach weiteren Spuren des ersten Mauerrings. Außerdem steigen wir in die Frühzeit Münchens hinunter und fragen uns, ob die abenteuerlichen Geschichten stimmen können, die über diesen Ort erzählt werden.
Wir schauen von einem Wehrgang auf den Lueg ins Land, üben den Wachdienst auf der Stadtmauer und staunen über eine Himmelsleiter. Außerdem besuchen wir „ein alts krumms weib“ und den Brezenreiter. Im „Eckhaus am Pfaffengäßchen“ lernen wir das Sortiment eines mittelalterlichen Kramers kennen. Am Schluss versuchen wir das Kinderzimmer eines Kaisers zu lokalisieren.
Wir vergegenwärtigen uns die Münchner Gassen und Plätze zur Zeit der Renaissance, lernen einen Herzog kennen, der der Not keinen Schwung lassen wollte und spüren die Reste einer alten Wasserburg auf. Außerdem hören wir von einer Hochzeit, bei der sich die Tische bogen – beispielsweise unter Platten voller „Fasanen mit Salsa Bastarda“. Zum Schluss erwarten uns die wahren „Wunder der Welt“.
Wir prellen die Zeche beim „Koch in der Hölle“, sehen einen Kirchturm einstürzen und führen uns vor Augen, wie die Gebeine eines verehrungswürdigen Sachsen (!) im Triumphzug durch das Isartor in die Stadt getragen werden. Außerdem begutachten wir einen Zahn des heiligen Petrus und gedenken einer Dreijährigen, deren Vater in Prag aus dem Fenster gefallen ist.
Wir werden imaginäre Zeugen eines grausamen Hinrichtungsspektakels, begegnen der Himmelskönigin und lernen einen Herrn kennen, der die Residenz auf Walzen stellen und gen Stockholm rollen wollte. Die Verteidigung der letzten Bastion aus dem Dreißigjährigen Krieg gelingt uns leider nicht. Dafür hören wir von einer glücklichen Geburt – und von einem Baumeister, der nicht rechnen konnte.
Wir entdecken einen untergegangenen Renaissancepalast, sehen die Stadtmauern fallen und besuchen eine Mystikerin, die sich auf Brennnesseln bettet. Das Schlafzimmer des Papstes bleibt uns leider verschlossen. Dafür werden wir Zeugen einer schaudervollen Begebenheit, die sich am 14. Januarÿ 1785 zugetragen hat. Außerdem müssen wir den Anblick einer „erschrecklichen Menge von Leberwürsten“ ertragen.
Wir sagen einem Knöpf- und Schnallenmacher Grüß Gott, entgehen knapp der Cholera und lassen einen „gut dressierten Pedanten“ links liegen. Außerdem erleben wir die drangvolle Enge einer Taglöhnerswohnung und steigen in eine Lehmgrube hinunter. Nach der Inaugenscheinnahme des größten Opernhauses der Welt sehen wir eine englische Dampflokomotive – und den Vater des Märchenkönigs von hinten.
Wir verneigen uns vor einer grell geschminkten Wasserleiche, besuchen das „Schönheitsgeschäft“ von Herrn Blüthenzweig und schauen der Geburt eines blauen Pferdes zu. Außerdem hören wir, wie die Alpen klingen, und versuchen die Träume eines griechisch-stämmigen Italieners zu deuten. Herr Meyer mit dem starken Akzent bleibt uns zwar suspekt. Trotzdem folgen wir ihm – unerkannt – ins Hofbräuhaus.
Wir sehen die Decke einer legendären Bierhalle einstürzen, beobachten die späteren Granden des Nationalsozialismus bei ihrem „Marsch auf die Feldherrnhalle“ und hören von einer berüchtigten „Schandausstellung“. Außerdem kommen wir am Hauptsitz des damals größten Pressekonzerns der Welt vorbei – und an einer Privatwohnung Hitlers. Der Anblick einer brennenden Synagoge macht uns sprachlos.
Wir versetzen uns in den April 1945 und werden Zeugen dramatischer Momente vor dem Neuen Rathaus. Außerdem sehen wir den Totenkranz des Alten Peter. Dann aber freuen wir uns über die Rückkehr des Lebens. Wir stoßen mit Karl Valentin auf acht neue Uhren an, machen Bekanntschaft mit dem Butter-Melchior und lauschen einem musizierenden David. Zum Schluss erklimmen wir eine deutsche Eiche und werfen einen Blick in die Zukunft.